Primizpredigt
bei der Primiz von HH Karl Schrittwieser
Bischofstetten,
4. Juli 1976
BrŸder und Schwestern im Herrn!
Sinn der Primizpredigt, die Ihnen jetzt ein Theologieprofessor aus Salzburg halten darf, ist nicht eine ãLaudatioÒ auf den Primizianten, der gewiss mit gro§em Eifer und Flei§ sein Theologiestudium abgeschlossen und am vergangenen Fest der ApostelfŸrsten Petrus und Paulus durch die Handauflegung des Bischofs die Priesterweihe empfangen hat, aber nun eben doch erst am Anfang seines Priesterlebens und Priesterwirkens steht, Sinn der Primizpredigt kann nur sein, auf die WŸrde und Grš§e des katholischen Priestertums hinzuweisen und es in seiner Bedeutung und Notwendigkeit aufzuzeigen. Als Richtschnur fŸr die Gedanken, die ich Ihnen darŸber darlegen mšchte, soll mir ein Abschnitt aus einem ergreifenden Testament dienen, das einer kurz vor seinem 1226 erfolgten Tod – also genau vor 750 Jahren – niedergeschrieben hat. Franz v. A., der selbst nicht Priester war, ja sogar aus Demut die ihm angebotene PriesterwŸrde ausschlug, hat in seinem Testament folgende SŠtze niedergeschrieben:
ãDer Herr gab mir zu den Priestern, die nach der Norm der heiligen ršmischen Kirche leben, so gro§es Vertrauen ihrer Weihe wegen, dass ich, auch wenn sie mich verfolgen wŸrden, Zuflucht bei ihnen suchen wŸrde.
Und wenn ich so viel Weisheit hŠtte, wie Salomon sie besa§, und ich kŠme zu den armseligsten Leutpriestern auf ihren Pfarreien – ich wŸrde trotzdem nichts gegen ihren Willen unternehmen. – Ich will die Priester achten, lieben und ehren als meine Herren. – Ich will an ihnen die SŸnde nicht sehen, weil ich den Sohn Gottes in ihnen gewahre und sie darum meine Herren sind. – Das tue ich aber deshalb, weil ich in dieser Welt von ihm, dem erhabenen Gottessohn, mit leiblichen Augen nichts sehe als nur seinen hochheiligen Leib und sein kostbares Blut, wie es nur die Priester allein konsekrieren und nach dem eigenen Empfang den anderen darreichen . – Und ich will, dass diese hochheiligen Geheimnisse (der Eucharistie) Ÿber alles in Ehren gehalten, verehrt und an kostbar ausgestatteten Orten verwahrt werden.... Die Diener am heiligen Wort Gottes sollen wir hochhalten und verehren, weil sie uns Geist und Leben vermitteln...Ò
Der hl. Franz v. A. fŸgt dann diesen und noch weiteren testamentarischen Weisungen fŸr seine BrŸder noch folgenden Segenswunsch an:
ãJeder, der diese Worte (meines Testamentes) befolgt, soll im Himmel erfŸllt werden mit dem Segen des himmlischen Vaters, auf Erden erfŸllt werden mit dem Segen seines geliebten Sohnes in Gemeinschaft mit dem Hl. Geist, dem Tršster... Und ich, Bruder Franziskus, der Geringe, Euer Diener, bekrŠftige Euch, so viel ich nur vermag, mit Herz und Mund diesen hochheiligen Segen!Ò
Wenn wir uns jetzt an Hand dieses Testamentes des hl. Franz v. A. fragen, warum dieser gro§e Heilige, der mit seiner Reform- und Erneuerungsbewegung damals im 13. Jahrhundert die Kirche aus dem Niedergang heraus- und zu neuer BlŸte emporgefŸhrt hat, die Priester so hochgeschŠtzt und geehrt wissen wollte, so mŸssen wir sagen:
Der hl. Franz v. A. schŠtzte die Priester zu allererst wegen ihrer unschŠtzbar gro§en, heiligen Wandlungsgewalt und dann wegen ihrer – richtig verstanden – unvergleichlich gro§en Wortgewalt:
I. Der Priester und seine Wandlungsgewalt:
Hier ist eine uns Ÿberlieferte Anekdote bezeichnend, die aus dem Leben des hl. Franz v. A. erzŠhlt wird: Einmal bestieg er auf dem gro§en, von gewaltigen Volksmassen erfŸllten Hauptplatz einer italienischen Stadt die provisorisch fŸr ihn errichtete Kanzel, um die Frohbotschaft Christi zu verkŸnden. Da sah er in einem Winkel einen in schlechtestem Ruf stehenden Priester, dem das Volk wegen seines angeblich lasterhaften Lebenswandels aus dem Wege ging. Diesen Priester sehen und wieder von der Kanzel herabsteigen war fŸr den hl. Franz v. A. eins: Er bahnte sich durch die Volksmenge einen Weg, ging durch die Ÿberraschten Reihen auf diesen Priester zu und kŸsste ihm ehrfŸrchtig die HŠnde. Auf dem RŸckweg zur Kanzel hšrte franz v. A. dann €u§erungen des Missfallens Ÿber sein Verhalten diesem Priester gegenŸber, den man mit allen mšglichen Anschuldigungen vor dem Heiligen noch schlechter machen wollte. Franz v. A. aber sagte zu Beginn seiner Predigt: ãOb das Leben dieses Priesters lasterhaft ist oder nicht, das wei§ ich nicht. †brigens steht das Urteil darŸber Gott allein zu. Aber das wei§ ich, dass eine gesalbten HŠnde wei§ Gott wie oft schon den hochheiligen Leib des Herrn gehalten und vielen Menschen die hl. Sakramente gespendet und das ewige Heil vermittelt haben. Darum habe ich seine HŠnde in aller Ehrfurcht gekŸsst.Ò
Hier spŸrt man unwillkŸrlich, was es in den Augen des hl. Franz v. A. Gro§es sein muss um die Wandlungsgewalt des Priesters und um seine Vollmacht in der Sakramentenspendung. – Unser Herr Jesus Christus hat am Kreuz dem himmlischen Vater zum Lob und Dank, zur SŸhne und Bitte ein unendlich wertvolles Opfer dargebracht, das zur Erlšsung und Versšhnung der gesamten Menschheit mit Gott vollauf genŸgte. Er wollte aber, dass sein Kreuzesopfer Ÿberall gegenwŠrtiggesetzt werde und dass die kostbaren FrŸchte des Kreuzesbaumes den Menschen aller Zeiten zugewandt werden sollten. Darum hat Jesus Christus in ãder Nacht, da er verraten wurdeÒ, beim Letzten Abendmahl das Messopfer eingesetzt, durch das das Opfer von Golgotha mitsamt seinen SegensfrŸchten hineingetragen werden sollte in jedes Jahrhundert, in jedes Jahrzehnt, in jedes Jahr, ja sogar in jeden Tag, im Lauf der Erdumdrehung sogar in jede Stunde des Tages. Immer wieder und an allen Orten wollte der ewige Hohepriester sein Kreuz, seinen Opferaltar unter den Menschen aufrichten. Von der gesegneten Gnadenstunde im Abendmahlssaal zu Jerusalem angefangen, in der die erste hl. Messe, die Primiz des Ewigen Hohenpriesters gefeiert und die Apostel zu Priestern geweiht wurden, bis zur heiligen Weihe-Stunde am vergangenen Fest der ApostelfŸrsten Petrus und Paulus im Dom zu St. Pšlten und weiter bis zum Ende der Zeiten bei der letzten Messfeier des letzten Priesters steht der Gottmensch Jesus Christus bereit, um sich hinzuopfern zum Lob und Dank, zur SŸhne und bitte fŸr uns Menschen.
In diesen geheimnisvollen Kreislauf des eucharistischen Opfers vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang, wie der Prophet Malachi es 500 Jahre vor Christus vorausgesagt hat, ist der Priester, jeder Priester einbezogen als Helfer Christi, als personales Werkzeug Christi, um ihm Mund und Hand zu leihen fŸr die GegenwŠrtigsetzung des Kreuzesopfers. Das ist die vornehmste Aufgabe des Priesters, jedes Priesters vom Tag der Priesterweihe und Primiz angefangen bis zu seinem Sterbetag! Wenn das doch von den Priestern selbst und von den GlŠubigen recht geschŠtzt wŸrde! Was das nŠmlich bedeutet im Weltgeschehen und Heilsgeschehen, wird uns nur dann klar, wenn wir den unendlichen Wert des Kreuzesopfers und des Messopfers als Opfer der Anbetung, des Dankes, der Bitte und der SŸhne fŸr den unendlich gro§en, dreimal heiligen Gott bedenken: In einer Zeit, wo so viele Menschen Gott die ihm schuldige Ehre und Anbetung verweigern und scheinbar nur noch den Tanz um das Goldene Kalb des Wohlstands kennen und scheinbar nur noch vor den Gštzen Genusssucht und Sex auf den Knien liegen, da ist es so tršstlich zu wissen, dass im Messopfer durch, mit und in Christus dem himmlischen Vater alle Ehre und Verherrlichung zuteil wird. – In einer Zeit, in der bei immer mehr schwindendem SŸdenbewusstsein so viele SŸnden, Laster und Verbrechen die Menschen beschmutzen, ist es so tršstlich zu wissen, dass im Messopfer dem beleidigten Gott immer wieder unendlich wertvolle SŸhne dargeboten wird. Wie ist es doch tršstlich, dass es noch Priester gibt, die – mit der Wandlungsgewalt ausgestattet kraft der Handauflegung des weihenden Bischofs – die hl. Messe als das gro§e SŸhnopfer feiern kšnnen, in welchem das Lamm Gottes, das die SŸnde der Welt hinwegnimmt, gleichsam zum Blitzableiter fŸr Zornesblitze Gottes wird! Was ist es doch in glŠubiger Sicht Gro§es, unsagbar Gro§es um Opfer und Opfermahl der hl. Messe, fŸr die heute leider viele auch unter den noch praktizierenden GlŠubigen trotz der Liturgiereform kein rechtes VerstŠndnis mehr aufbringen, sonst wŸrden die Teilnehmer an der Eucharistiefeier nicht immer weniger, ãDie Messe sagt mir nichts mehrÒ, hie§ es kŸrzlich im …sterreichischen Fernsehen im ãWort zum SonntagÒ. Denken nicht auch manche Priester so, wenn sie bisweilen recht bedenkenlos werktags – im Urlaub bisweilen sogar sonntags - die Zelebration der hl. Messe unterlassen?!Ò
Vom Messopfer her empfŠngt der Priester zu allererst seine WŸrde und seine Bedeutung! Darum feiert man den Neupriester mit Recht nicht bei seiner ersten Predigt oder bei seiner ersten Religionsstunde oder bei seiner ersten Sakramentenspendung, sondern bei seiner ersten hl. Messe, bei seiner Primiz! Und wŸrde ein Priester in seinem ganzen Priesterleben nichts anderes leisten kšnnen, als tŠglich andŠchtig und wŸrdig die hl. Messe zu feiern und die GlŠubigen zur rechten, lebendigen und dann im Tagewerk fruchtbar gemachten Mitfeier der hl. Messe zu bringen, er hŠtte schon einen ganz gro§e, heilige Aufgabe und Sendung gemŠ§ dem Auftrag Christi: ãTut dies zu meinem GedŠchtnis!Ò
Salzburger Priester machten anlŠsslich des 1200-JahrjubilŠums der Einweihung des ersten Salzburger Domes eine Wallfahrt nach Irland in die Heimat des Salzburger Bischofs St. Virgil. Dabei erlebten sie eine ergreifende Priesterweihe, wŠhrend der ein neugeweihter spŠtberufener Priester plštzlich starb. Eigenartige Zulassung Gottes! Und doch muss man sagen: auch fŸr die einzige in Konzelebration mit dem weihenden Bischof gefeierte hl. Messe hat sich fŸr diesen spŠtberufenen Priester die Priesterweihe gelohnt! (War es beim 19jŠhrigen italienischen Priesterkanditaten, den Kardinal Pellegrino von Turin am 4. April 1976 auf dem Krankenbett mit pŠpstlicher Erlaubnis zum Priester geweiht hat, etwa anders? Menschlich gesprochen hat es sich nicht gelohnt, diesen Kandidaten, der sich so sehr nach der AusŸbung der priesterlichen Funktion gesehnt hat, noch zum Priester zu weihen, wo er doch schon 24 Tage spŠter starb. Aber dieser jŸngste kath. Priester der Kirchengeschichte hat in einem ergreifenden Fernsehinterview noch der antiklerikalen Arbeiterschaft, der er entstammte, ins Gewissen geredet und den unendlichen Wert der hl. Messe aufzuzeigen versucht!)
Die hl. Messe ist die Gnadensonne im Priesterleben, sie ist der lebensnotwendige Herzschlag im Leben des Geheimnisvollen Leibes Christi, der die Kirche ist; sie ist die mystische Bluttransfusion, in der das kostbare Erlšserblut Jesu Christi immer wieder bis in die letzten Zellen des Geheimnisvollen Leibes Christi reinigend und heilend, stŠrkend und entsŸhnend geleitet wird. Darum meine instŠndige Bitte an euch, liebe GlŠubige, schŠtzt die hl. Messe nicht blo§ bei der Primiz des jungen Priesters, der eurer Gemeinde entstammt, sondern schŠtzt sie immer, vor allem am Sonntag und nehmt euch immer Zeit dazu! Darum aber auch meine instŠndige Bitte an den Primizianten: schŠtzen Sie die hl. Messe recht hoch! Verzichten Sie nicht leichtfertig und aus nichtigen GrŸnden auf Ihre Feier! Ich habe einem Neupriester vor Jahren die Primizpredigt gehalten, der in den Ferienwochen nach der Primiz sich an keinem Werktag zur Zelebration aufgerafft hat. Kein Wunder, dass er gar bald dann den Priesterberuf ganz aufgab, nachdem er vorher nur widerwillig und hšchstwahrscheinlich auch unwŸrdig zelebriert hatte, nur weil es auf seinem Kaplansposten seine Pflicht war, die hl. Messe zu feiern. Der Jesuit P. Rupert Wickl erzŠhlt in seinem ãPriester-ExerzitienÒ-Buch (Marianischer Verlag Innsbruck 1923, S. 58): ãUnvergesslich bleibt mir eine Vorlesung, in der der Moralprofessor, ein hoch angesehener Priester, uns jungen Theologen ans Herz legte: ãMeine Herren, fangen sie nie mit einer sakrilegischen Messe an, denn von dem Tag an sind Sie und Ihr Priesterberuf verloren!Ò...Ò Es ist viel Richtiges dran, auch wenn es bei so manchen Amtsniederlegungen heute kaum oder gar nicht beachtet wird! Ich meine schon, dass man berechtigterweise sagen kann: Der Priester steht und fŠllt in seinem Wert, in seiner WŸrde mit der hl. Messe! Das wusste Franz v. A. Er hatte deshalb so gro§e Ehrfurcht vor dem Priester, vor jedem Priester, weil er eine noch viel grš§ere HochschŠtzung fŸr das Messopfer hatte und unsagbar gro§e Ehrfurcht vor dem Leib und Blut Christi, die der Priester in der hl. Wandlung gegenwŠrtig setzen und aufopfern darf.
II. Der Priester und seine Wortgewalt:
Das ist der zweite Grund, warum der hl. Franziskus bis hinein in sein Testament die Priester geschŠtzt und geehrt hat und von seinen JŸngern geschŠtzt und geehrt wissen wollte: die richtig verstandene Wortgewalt der Priester!
Wšrtlich schreibt Franz v. A. in seinem Testament: ãDie Diener am heiligen Wort Gottes sollen wir hochschŠtzen und verehren, weil sie uns Geist und Leben vermitteln...Ò. Da steckt ganz klar die †berzeugung von der Wortgewalt der Priester dahinter, Wortgewalt hier nicht verstanden im Sinn Ÿberragender Rhetorik und menschlicher †berzeugungskraft, auch nicht im Sinn demagogischer †berredungskunst, wie sie manchen Werbefachleuten mit ihren Slogans, manchen Propagandisten und Politikern mit ihren Schlagworten eigen ist; wir meinen unter Wortgewalt hier auch nicht die geistreich witzige und witzelnde Art eines ConfŽrenciers, der alle blendend zu unterhalten, zu gewinnen und fŸr sich einzunehmen wei§; wir meinen hier unter der priesterlichen Wortgewalt das, was dem fleischgewordenen ewigen Wort, dem Logos, dem Ewigen Hohenpriester Jesus Christus eigen war, von dem die Menschen, die auf sein Wort hšrten, staunend bekennen mussten: ãDieser redet wie einer, der Macht hatÒ (Mt 7,29). Hinter seinen worten stand Kraft und Gewalt, schšpferische, lebenweckende, heilende, tršstende, stŠrkende Kraft; seine worte enthielten und vermittelten ãGeist und LebenÒ. Im Vertrauen darauf konnte der heidnische Hauptmann von Kapharnaum zu Jesus Christus vertrauensvoll sagen: ãSprich nur ein Wort und mein kranker Knecht wird gesund!Ò (Mt 8,8). Im Vertrauen darauf konnte Petrus nach der langen, mŸhevollen Nacht erfolglosen Fischens auf den Befehl des Herrn, die Netze nochmals zum Fange auszuwerfen, sagen: ãHerr, auf dein Wort hin!Ò (Lk 5,5). Und der wunderbare Fischfang stellte sich ein.
(1) Der Priester, jeder Priester nimmt teil an der Wortgewalt Jesu Christi, schon einmal deshalb, weil der Priester ja nichts anderes zu verkŸnden hat als nur die vom kirchlichen Lehramt authentisch gedeutete Frohbotschaft mit den Worten und Weisungen Christi, der von sich sagen konnte: ãHimmel und Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehen!Ò – Der Priester, jeder Priester, auch der rhetorisch unbegabte, besitzt:
a) Eine ungeheure Wortgewalt schon deshalb, weil das Wort, das er verkŸnden kann und darf, gewaltig ist; es ist ja das Wort Gottes selbst, von dem es in der Hl. Schrift hei§t, dass es ein ãWort des LebensÒ (vgl. Joh 6,69), ein ãWort der WahrheitÒ (Joh 17,17), ein Wort des Trostes, ein Wort der Verhei§ung und des Heiles, ein schneidendes und scheidendes (vgl. Hebr. 4,12), ein heilendes und schšpferisches Wort ist, das – in das bereite, aufgeschlossene Ackerfeld des Menschenherzens gesenkt – 30-, 60-, 100fŠltige Frucht bringen kann.
b) Schlie§lich ist ja das Wort Gottes, das Evangelium, das der Priester verkŸnden darf und soll im Auftrag Christi und seiner Kirche, nur der Nachhall und der Ausfluss des fleischgewordenen, personalen, ewigen Wortes Gottes, von dem es im Prolog des Johannes-Evangeliums hei§t: ãIm Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort... Durch dieses Wort ist alles gemacht worden, was geworden ist ... In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen...Ò
Die Wortgewalt des Priesters grŸndet also in der Gewalt des personalen Wortes Gottes. Und wenn das II. Vat. Konzil so stark betont hat, dass der Priester nicht blo§ den Tisch des Brotes Gottes decken soll kraft seiner Wandlungsgewalt in der Eucharistiefeier, sondern auch den Tisch des Wortes Gottes in Predigt, Katechese und sonstiger VerkŸndigung, so ist dies ein klarer Hinweis auf diese zweite gro§e Aufgabe und Sendung des Priesters. Er soll also nicht blo§ seine Wandlungsgewalt, sondern auch seine Wortgewalt ausŸben und den Menschen dieser Zeit mit ihrer Flut von Schlagworten gelegen oder ungelegen, mutig und Ÿberzeugend, eindringlich und einsichtig, mit Kraft und Weisheit das vorher eifrig meditierte Wort Gottes verkŸnden, ãdenn der, den Gott gesandt hat, redet die Worte GottesÒ (Joh 3,34).
Hat nicht gerade wieder Franz v. A. die schšpferische, wandelnde Kraft und Gewalt des Wortes Gottes, das ihm ein Priester verkŸndet hatte, an sich erlebt? Ein Priester verkŸndete dem damals sehr irdisch gesinnten, aber doch fŸr hšhere Werte empfŠnglichen Kaufmannssohn Franziskus das Wort von der evangelischen Armut: ãWillst du vollkommen sein, so verkaufe alles, was du hast und gib den Erlšs den Armen und dann komm und folge mir nach!Ò (Mt 19,21) Dieses Wort Gottes aus Priestermund fiel damals bei Franz v. A. in bereites Erdreich und ging auf und brachte hundertfŠltige Frucht hervor: die gro§e franziskanische Armutsbewegung, die damals die Kirche erneuerte und heute noch segensreich nachwirkt, wenn wir an das denken, was auf dem II. Vat. Konzil Ÿber die arme Kirche und die Kirche der Armen gesagt und gefordert worden ist: die Kirche und in ihr vor allem die Priester dŸrfen sich nicht dem habsŸchtigen Geist der modernen Konsumgesellschaft ausliefern und angleichen, sondern mŸssen gerade fŸr die Armen der Heimat und in den EntwicklungslŠndern in Wort und Tat und Beispiel Helfer sein!
(2) Bei der priesterlichen Wortgewalt wollen wir aber nicht nur daran denken, dass der Priester das heilskrŠftige, schšpferische Wort Gottes zu verkŸnden hat, sondern wollen uns auch daran erinnern, dass Gott an die Segens- und Gebetsworte des Priesters seinen gšttlichen Segen und seine Erhšrung geknŸpft hat:
a) Die Segensworte des Priesters: Mit Recht erbittet das glŠubige Volk den Segen des Priesters, vor allem des neugeweihten Priesters in der Form des Primizsegens, weil es Ÿberzeugt ist, dass hinter dem priesterlichen Segenswort Kraft steckt, um wirklich den Segen Gottes auf die Menschen und auf alles was ihnen lieb und wert ist, herabzuziehen. Priestersegen ist Gottessegen, weil Gott an das Segenswort des Priesters die Zuwendung seines Segens geknŸpft hat. Freilich gilt fŸr uns Priester, auch fŸr den Neupriester: je grš§er unser Glaube an unsere Segensmacht, je fester unser Vertrauen auf Gottes Macht und GŸte und in die Kraft des Kreuzes Christi, je glŸhender unsere Liebe zu Gott und zu den unsterblichen Seelen, je inniger unsere gnadenhafte Verbindung mit Christus, desto grš§er wird unsere Segensmacht sein. Heilige Priester haben es erlebt, wie sich ihre Segensgewalt wunderbar ausgewirkt hat und wie ihnen tatsŠchlich beim Segnen, beim Aussprechen von Segensworten wahre Wortgewalt eigen war.
b) Die Gebetsworte des Priesters! Auch Ÿber sie wollen wir noch kurz nachdenken: Der Priester ist ja – das wird heute leider oft vergessen – im Anschluss an Christus und seine Kirche der geweihte und offiziell beauftragte Vorbeter und FŸrbitter des Gottesvolkes. Vom Ewigen Hohenpriester hei§t es im HebrŠerbrief 5,7, dass er ãin den Tagen seines Erdenlebens âcum clamore volido et lacrimisÔ, mit starkem Rufen und unter TrŠnen gebeten und gefleht hat und erhšrt worden ist um seiner Ehrfurcht willenÒ. – was da von Jesus Christus gesagt wird, muss auch von seinen Priestern gelten, die ja nur Christi Stelle vertreten und an seinem Priestertum ganz unverdienter Weise wesentlichen Anteil haben dŸrfen. Auch den Gebetsworten der Priester ist Erhšrung zugesichert und es ist ihnen wunderbare Kraft eigen, besonders wenn sie im offiziellen Stundengebet der Kirche und in der Liturgie der hl. Messe Lob-, Dank- und Bittgebete an Gott richten. Die instŠndige Bitte des weihenden Bischofs an jeden Neupriester und dann insgesamt an alle Priester geht hier heute sicher dahin, dass sie es mit ihrer Gebetspflicht, vor allem auch mit dem Brevier, das tŠglich zu verrichten ist, genau nehmen sollen. – Das glŠubige Volk aber spricht am Schluss der vom Priester vorgesprochenen Gebete das ãAmen- So ist es, so sei es!Ò, weil das Volk an die Kraft und Gewalt der Gebetsworte des Priesters glaubt, der ja nicht nur als Privatperson, sondern im Auftrag Christi und seiner Kirche betet und darum sicher mit der Verhei§ung Christi ganz besonders rechnen darf: ãWas immer IHR in meinem Namen den Vater bitten werdet, das wir er euch gewŠhren!Ò (Joh 14,13).
c) Noch viel grš§er als im Segenswort und im Gebetswort ist die Wortgewalt des Priesters bei der Sakramentenspendung, wo das Wort des Priesters als sakramentale Form zur sakramentalen Materie und zur sakramentalen Handlung dazukommt und dann die sakramentale Gnade in unfehlbarer Gewissheit bewirkt und ŸbernatŸrliche Wirklichkeiten hervorbringt, Ÿber die man in glŠubiger Sicht nicht genug staunen kann. Ich denke da jetzt – um nur ein einziges vom Priester gespendetes Sakrament herauszugreifen – an das sakramentale Lossprechungswort des Priesters im Bu§sakrament: Hier vermag doch das Wort des Priesters SŸnden zu tilgen und wŠren diese noch so schwer und noch so zahlreich; hier vermag das Wort des Priesters geistig Tote wieder zum Leben zu erwecken und gšttliches Leben der Gnade zurŸckzugeben. Ist das nicht wahrhaft wunderbare Wortgewalt des Priesters? – Wenn uns diese ŸbernatŸrlichen Tatsachen nicht von Kindheit an allzu gelŠufig wŠren und wenn unser Glaube grš§er wŠre, wir kŠmen tatsŠchlich aus dem Staunen Ÿber das, was bei der Spendung des Bu§sakramentes das Wort des Priesters zustande bringt, gar nicht heraus. ãJŸngling, ich sage dir, stehÔ auf!Ò (Lk7,14) So sprach Jesus, der Herr, am Stadttor von Naim zu einem Toten. Und das Wunder geschah. Und alles Volk staunte und ward von Furcht ergriffen. €hnlich darf der Priester bei der Lossprechung im Beichtstuhl zu einem seelisch toten Menschen sprechen. Und auch hier erfolgt eine Totenerweckung. Damals bekannte das Volk staunend: ãEin gro§er Prophet ist unter uns aufgestanden und Gott hat sein Volk heimgesuchtÒ j(Lk 7,16). Dort, wo dem glŠubigen Volk ein neugeweihter Priester wieder geschenkt worden ist, mŸsste es Šhnlich bekennen: Ein Priester mit prophetischer, sŸndentilgender Wortgewalt ist wieder unter uns erstanden und Gott hat sein Volk heimgesucht.
Lieber Primiziant, liebe priesterliche MitbrŸder, liebe GlŠubige! Wandlungsgewalt und Wortgewalt des Priesters, darin sah der hl. Franz v. A. mit Recht Grš§e und Bedeutung des geweihten Priesters.
Ziehen wir aus dieser doppelten Gewalt des Priesters die Konsequenzen; fŸr uns Priester hei§t das, diese gro§en heiligen Gewalten entsprechend zu leben, um glaubwŸrdig zu sein dem Volk Gottes gegenŸber. Mit der AusŸbung der Wandlungsgewalt muss zeitlebens die eigene Wandlung verbunden sein, um immer mehr Christus und nicht der Welt gleichfšrmig zu werden: Sacerdos et victima! Und: Sacersos semper et ubique! Sapienti sat!
FŸr das glŠubige Volk aber hei§t die Konsequenz aus der Wandlungs- und Wortgewalt des Priesters: sich dieser heiligen Gewalten bedienen, sie hochschŠtzen und daraus Kraft schšpfen zu einem wahren Leben aus dem Glauben in der rechten Gottes- und NŠchstenliebe! Amen